Der Stanford-Professor Ge Wang kritisiert den aktuellen Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Musikproduktion als grundlegend falsch ausgerichtet. In seinem Artikel auf der Stanford-HAI-Plattform argumentiert er, dass der kreative Prozess selbst wesentlich für künstlerischen Ausdruck ist.
Wang, der Musik und Informatik am Center for Computer Research in Music and Acoustics lehrt, richtet seine Kritik besonders gegen das KI-Musik-Unternehmen Suno. Er widerspricht der Aussage des Suno-CEOs, dass die meisten Menschen den Großteil ihrer Zeit beim Musikmachen nicht genießen würden.
Der Professor betont, dass Schwierigkeiten und Herausforderungen keine Hindernisse sind, die es zu beseitigen gilt, sondern wesentliche Bestandteile des künstlerischen Schaffensprozesses. Er vergleicht dies mit anderen Aktivitäten wie Wandern oder Gaming, bei denen Menschen bewusst Herausforderungen suchen.
In seinem Artikel beschreibt Wang seinen eigenen Wandel: Während seiner Promotionszeit in Princeton wollte er zunächst die fortschrittlichste algorithmische Kompositionsmaschine entwickeln. Ein Gespräch mit einem Gitarristen, der ihn ganz grundsätzlich nach dem Sinn dieses Vorhabens fragte, führte zu einem Umdenken.
Heute lehrt Wang an der Stanford University einen Kurs über „Musik und KI“, in dem Studenten ermutigt werden, „nutzlose, aber interessante Dinge“ zu entwickeln. Er bezeichnet die aktuelle Fokussierung auf Prompt-basierte generative KI als „am wenigsten fantasievolle Nutzung von KI“.
Der Professor warnt davor, dass Unternehmen wie Suno, die kürzlich 125 Millionen Dollar Risikokapital erhielten, eine neue Generation passiver Konsumenten schaffen, statt kreative Ausdrucksmöglichkeiten zu fördern. Obwohl er generative KI nicht grundsätzlich ablehnt, plädiert er dafür, Räume für den vollständigen kreativen Prozess zu bewahren.
Wang schließt mit einer persönlichen Perspektive als Vater: Er hofft, dass seine kleine Tochter lernen wird, die Herausforderungen des kreativen Ausdrucks zu schätzen – mit oder ohne KI.