Eine weitreichende Analyse zu den ethischen Aspekten der Nutzung von Internet-Inhalten für das Training von Sprachmodellen wurde von Robin Sloan veröffentlicht. Das Essay behandelt die grundlegende Frage, ob es moralisch vertretbar ist, das gesammelte Wissen der Menschheit als Trainingsdaten für KI-Systeme zu verwenden.
Sloan argumentiert, dass 50-90% der Fähigkeiten eines Sprachmodells direkt auf diese kollektive Wissensbasis zurückzuführen sind. Eine zentrale These ist, dass es derzeit keine praktikable Alternative zur Nutzung der Internet-Inhalte für das KI-Training gibt.
Der Autor entwickelt eine differenzierte Position: Die ethische Bewertung hänge stark vom Verwendungszweck ab. KI-Systeme, die hauptsächlich menschliche Kreativarbeit verdrängen, seien problematisch. Wenn sie jedoch bedeutende wissenschaftliche Fortschritte ermöglichen, könne die Nutzung des kollektiven Wissens gerechtfertigt sein.
Die Analyse unterscheidet zwischen verschiedenen KI-Anwendungen. Während Sloan Bildgenerierungsmodelle kritisch sieht, bewertet er Foundation Models wie Claude positiver, da diese vielfältigere Einsatzmöglichkeiten bieten. Besonders positiv werden KI-Anwendungen in der Programmierung und Übersetzung eingeschätzt.
Ein wichtiger Aspekt der Analyse ist die Bedeutung authentischer Trainingsdaten. Sloan argumentiert, dass selbst mit großem finanziellem Aufwand erstellte künstliche Datensätze nicht die Qualität natürlich entstandener Internet-Inhalte erreichen könnten.
Der Essay erkennt das Spannungsfeld zwischen potenziellen Vorteilen und Risiken an. Während KI-Unternehmen wissenschaftliche Durchbrüche versprechen und gleichzeitig kreative Branchen umwälzen, seien bedeutende technologische Fortschritte durchaus möglich.
Sloan schlägt als Lösung vor: KI-Anwendungen, die wesentlichen gesellschaftlichen Nutzen bringen, können die Verwendung des kollektiven Wissens rechtfertigen. Systeme, die lediglich bestehende Inhalte reproduzieren, erfüllen dieses Kriterium nicht. Diese Position berücksichtigt sowohl die beispiellose Nutzung des menschlichen Kulturerbes als auch das Potenzial für echten technologischen Fortschritt.